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Krebstherapien

Fundierte Informationen für Ärzte und Krebspatienten


Wo erhalten Ärzte und Krebspatienten spezifische Informationen im Zusammenhang mit SARS-CoV-2? Welche Themen beinhaltet das im März erschienene Fachbuch zum Thema Krebs? Diese und weitere Fragen beantwortet Frau Dr. Birgit Hiller vom Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums im Fachbuchblog-Interview.

Im März 2020 ist ein neues Buch des KID erschienen. Was sind die Inhalte und für wen ist es gedacht?

Schwerpunkt sind die Herausforderungen in der Kommunikation mit Krebspatienten. Das Buch „Patientenzentrierte Information in der onkologischen Versorgung“  wird von Andrea Gaisser und Dr. Susanne Weg-Remers herausgegeben. Viele Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes haben als Autoren ihre Erfahrung aus den Anfragen an den KID eingebracht.

Das Buch richtet sich vor allem an Fachkreise. In den Beiträgen werden typische Fragen von Krebspatienten, die diese so auch ihrem Onkologen oder Hausarzt stellen, aufgegriffen und detailliert Möglichkeiten dargestellt, darauf einzugehen. Die Autoren skizzieren jeweils kurz beispielhafte Situationen, etwa im  Behandlungsverlauf, oder aus dem alltäglichen Leben mit Krebs, und erläutern, welche praktische Relevanz und Bedeutung diese für Patienten haben können. Anschließend fassen sie die Evidenzlage zusammen und zeigen Möglichkeiten für Ärzte auf, auch bei „schwierigen“ Fragen patientenorientiert und verständlich zu kommunizieren. Jedes Kapitel enthält zudem weiterführende Informationen und eine Literaturauswahl, dazu auch Link- oder Broschürentipps, die man an Patienten weitergeben kann.

Viele Krebspatienten sind wegen des neuartigen Corona-Virus verunsichert. Bietet der KID auch Informationen zu diesem Thema?

Wir stehen am Telefon und per E-Mail für Anfragen auch zu diesem Thema zur Verfügung. So können wir sogar ganz individuelle Fragen klären – auch wenn wir natürlich das Gespräch mit den behandelnden Ärzten nicht ersetzen. Außerdem informieren wir auf unserer Website ausführlich darüber und aktualisieren die Inhalte regelmäßig. Denn Krebspatienten sind nach Aussage von Experten besonders gefährdet, durch SARS-CoV-2 schwerer als Gesunde zu erkranken.

Wir erläutern erforderliche Schutzmaßnahmen und erklären Hintergründe. Zudem gehen wir auf häufig gestellte Fragen von Krebspatienten und ihren Angehörigen ein. Dazu zählen beispielsweise:

  • Wie wirkt sich das Virus auf die Krebstherapie aus?
  • Wann gehöre ich zur Risikogruppe?
  • Sollte ich meine Krebstherapie verschieben?
  • Was muss ich jetzt mit oder nach meiner Krebserkrankung im Alltag beachten?
  • Muss ich weiter arbeiten gehen, wenn ich zur Risikogruppe gehöre?

Für Fachkreise und Interessierte bieten wir Quellenverweise und weiterführende Links.

Es wird eine Zunahme der Krebserkrankungen in Deutschland erwartet. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Insgesamt wird die Zahl der erstmals Erkrankten pro Jahr wachsen, also die Inzidenz – davon gehen viele Experten aus. Das gilt auch, obwohl für viele Krebsarten eigentlich rückläufige altersstandardisierte Erkrankungsraten zu verzeichnen sind. Während derzeit rund eine halbe Million Menschen jährlich neu an Krebs erkrankt, wird diese Zahl innerhalb der nächsten zehn Jahre voraussichtlich auf rund 600.000 ansteigen.

Ein Grund dafür ist die immer höhere Lebenserwartung in unserer Gesellschaft: Je älter die Menschen werden, desto mehr Neuerkrankungen gibt es – denn Krebs wird mit steigendem Alter wahrscheinlicher.

Gleichzeitig sind die Überlebenschancen vieler Erkrankter stark gestiegen. Denn dank der medizinischen Fortschritte und neuer Krebstherapien mit zielgerichteten Strategien gelingt es immer besser, Krebs lange in Schach zu halten und den Patienten eine gute Lebensqualität zu ermöglichen – oder sie sogar zu heilen. Das bedeutet: Die krebsbedingte Mortalität, also die Sterberate, wird womöglich nicht in dem Umfang ansteigen wie die Inzidenz, die Erkrankungsrate. Aber die Prävalenz wird steigen, also die Anzahl der Menschen, die mit einer Krebserkrankung leben.

Welche Rolle kommt der Prävention zu?

Wir sehen darin ein hohes Potential! Man kann zwar nicht jeder Krebserkrankung vorbeugen. Aber besonders bei den Tumorarten, von denen sehr viele Menschen betroffen sind, lässt sich mit Primärprävention, z. B. durch Änderung des Lebensstils und durch Impfungen, viel erreichen. Fachleute gehen davon aus: Etwa 40 Prozent aller Krebserkrankungen sind auf beeinflussbare Risikofaktoren zurückzuführen. Das heißt auch, sie wären durch geeignete Vorbeugung vermeidbar.

Die Entwicklung geht hier weg von pauschalen Strategien, hin zu einer personalisierten, risikoadaptierten Prävention. Dabei behalten die bisherigen Erkenntnisse, was man mit gezielter Vermeidung bekannter Risiken erreichen kann, natürlich ihre Gültigkeit. Aber wichtig ist es auch, gezielt zu schauen, welche Veränderungen Betroffene auch tatsächlich als sinnvoll erachten und welche sie in ihrer Lebenswelt umsetzen können, und wo Hindernisse dafür bestehen.

Wohin geht die Entwicklung bei der Früherkennung?

Auch hier geht es darum, mehr Wissen über die Möglichkeiten – und auch über die Grenzen – der derzeitigen Angebote zu schaffen. Schnelltests auf Krebs, mit denen man aus einer Blutprobe das Risiko für bestimmte oder gar alle Krebserkrankungen bestimmen kann, sind dagegen noch Zukunftsmusik.

Zudem wird erforscht, wie die risikoadaptierte Früherkennung weiter verbessert werden kann: Wer hat wirklich ein höheres Krebsrisiko? Vielleicht aufgrund einer gemeinsamen familiären genetischen Besonderheit? Oder aufgrund bestimmter gemeinsamer Lebensumstände in der Familie? Oder aus anderen Gründen?

Hierbei sind bereits deutliche Fortschritte zu verzeichnen, insbesondere weil wir heute eine wesentlich bessere Datengrundlage haben als früher. So weiß man beispielsweise, dass bei Verwandten ersten Grades von Darmkrebspatienten ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht. Dies gilt rein statistisch sogar bereits dann, wenn die Patienten nur Krebsvorstufen, wie Polypen, haben.

Hier sind die Hausärzte in ihrer Informations- und Mittlerrolle besonders gefragt: Menschen mit einem erhöhten persönlichen Erkrankungsrisiko sollten gezielt auf Früherkennungsmaßnahmen hingewiesen werden. Wichtig ist dabei aber auch, den Betroffenen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Niemand muss die Früherkennung für sich nutzen. Es gibt auch das Recht auf Nichtwissen. Das setzt allerdings voraus, dass der Patient im Vorfeld weiß, wofür oder wogegen er sich entscheidet.

Im ersten Teil des Interviews berichtet Frau Dr. Hiller über neue erfolgversprechende Krebstherapien sowie über krebsinformationsdienst.med, das KID-Angebot speziell für Fachleute.

Dr. Birgit Hiller vom Krebsinformationsdienst (KID)
Dr. Birgit Hiller vom Krebsinformationsdienst (KID)

Dr. sc. hum. Birgit Hiller arbeitet seit 30 Jahren beim Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums. Heute verantwortet sie dort den Bereich „Strategische Initiativen“.

Produktinfo

Patientenzentrierte Information in der onkologischen Versorgung 


Springer, 2020, 278 S., 32 Abb.


€ 44,99


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Elke Paxmann

Ist für den Fachbuch-Blog aktiv mit den Akteuren im Gespräch. Sie befragt Autoren, Verleger und Leser nach Hintergründen und kaufentscheidenden Argumenten. Im Austausch mit direkten Beteiligten findet sie die relevanten Alleinstellungsmerkmale eines Titels für Sie heraus, um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern.


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