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Handbuch UV-GOÄ

Handbuch UV-GOÄ: Alle Informationen in einem Buch


Barbara Berner ist Fachabteilungsleiterin in der Rechtsabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dort zuständig für den Bereich der Unfallversicherung. Seit der 1. Auflage ist sie Bearbeiterin des „Handbuch UV-GOÄ“. Aus ihrem Arbeitsalltag verfügt die Juristin über Informationen aus erster Hand. Für den medizinischen Part ist eine Gruppe aktiver Durchgangs- und Fachärzte mit der Kommentierung der Gebührenordnung befasst. Tagtäglich in der Versorgung von Unfallverletzten tätig, stehen sie in regem Austausch mit Unfallkassen und Berufsgenossenschaften.

Wir haben mit dem Autorenteam gesprochen und nach Erfahrungen und Tipps gefragt.

Die Clearingstelle auf Bundesebene nach § 66 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger dient der einvernehmlichen Klärung von Streitigkeiten zwischen Leistungserbringern und den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern (UV-Trägern) resultierend aus der Abrechnung von Leistungen nach dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger einschließlich seiner Anlagen. Frau Berner und Herr Dr. Kalbe, aktuell sind Sie beide im Gremium. Wie stufen Sie die Nutzung dieser Klärungs-/Vermittlungsstelle?

Barbara Berner: Unser Eindruck ist durchaus optimistisch. Ärztinnen und Ärzte haben die Clearingstelle auf Bundesebene schnell und gut angenommen. Wir können über einhundert Antragseingänge in der Clearingstelle verbuchen – und das im Zeitraum von Januar 2018 bis Juni 2019. Es war sogar möglich, Anträge ohne Sitzung der Clearingstelle einvernehmlich mit der DGUV zu klären. Dieser Vorgang bringt zwei Vorteile mit sich: Zum einen spüren die Antragssteller den Mehrwert, da ihre Angelegenheiten nicht bürokratisch bearbeitet werden – zum anderen profitiert die Clearingstelle auch langfristig davon, da so Unsicherheiten seitens der Unfallversicherungsträger konkreter und effizienter erkannt sowie durch Änderungen der Leistungslegenden der Gebühren schneller beseitigt werden. In der Vergangenheit hatten wir auf Bundesebene, die die Gebühren und die Leistungslegenden verhandeln, keine Übersicht über die Abrechnungswidrigkeiten – das hat sich deutlich verbessert. Daher waren die früheren regionalen Schlichtungsstellen ein verlässlicher Anlaufpunkt für die Ärztinnen und Ärzte.

Dr. Peter Kalbe: Im Jahr 2018 wurden die vom BDD und vom BDC seit 2009 initiierten und anfangs vom BDC finanzierten Clearingstellen von der Ebene der DGUV-Landesverbände zu einer bundesweiten Clearingstelle zusammengefasst. Die Administration übernimmt im Jahreswechsel die KBV sowie die DGUV. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen begrüßt die Zusammenfassung auf der Bundesebene. Der bundesweiten Clearingstelle gelingt es zunehmend, Konflikte in Abrechnungsfragen der UV-GOÄ zwischen den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen und den Unfallversicherungträgern auf einer konstruktiven und sachlichen Ebene zu schlichten.

Gibt es Themen, die besonders häufig aufkommen?

Barbara Berner: Das ist unterschiedlich und oft kontextabhängig. Allerdings lassen sich phasenweise bestimmte Punkte erkennen. Zu Beginn haben wir einen Ansturm an Beschwerden zu der Nummer 2005 (Versorgung einer großen Wunde) verbucht, wohingegen uns aktuell wir eine Vielzahl von Anträgen zu Formularen der Nummer 137 UV-GOÄ (Vordruck Ergänzungsbericht Knie) oder auch zur Nummer 145 UV-GOÄ (Überweisung) erreichen. Bei einer so auffälligen Menge an Beschwerden für bestimmte Punkte ist es wichtig, dass wir das beobachten. Wenn wir im Verlauf dieser Beobachtungsphase zu viele Unklarheiten der Antragssteller feststellen, müssen wir in manchen Fällen Klarstellungen im Vertrag oder in den Leistungslegenden ergänzen.

Dr. Peter Kalbe: Trotz einiger Tendenzen wird das gesamte Spektrum der Abrechnung nach der UV-GOÄ angesprochen. Es ist hilfreich, dass die Entscheidungen jetzt auf Bundesebene und damit einheitlich getroffen werden.  Darüber hinaus stellen wir zwischenzeitlich auch fest, dass sich aus den Entscheidungen der Clearingstelle Einflüsse auf die Arbeitshinweise der DGUV und potenzielle Themen für die Kommission nach § 52 des Ärztevertrages ergeben.

Inwiefern hat sich die neue DS-GVO im Mai 2018 in Ihrer Arbeit bemerkbar gemacht?

Frank Klufmöller: Tatsächlich haben wir durch die Datenschutzänderungen im vergangenen Jahr weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung erlebt. Nichtsdestotrotz war die Einführung und im zweiten Schritt die Umsetzung der neuen DS-GVO auch bei uns kein leichter weg. Der Umgang mit personenbezogenen Daten der Patienten, aber auch der Mitarbeiten, ist deutlich sensibler geworden. Entsprechende Arbeitsabläufe sind neu überprüft und aufgesetzt worden. Weniger Probleme hatten wir mit der Aufklärung der Patienten über die zukünftige Speicherung und Verarbeitung der persönlichen Daten.

Dr. Tankred Haase: Ziel der vierstufigen Gebührenerhöhung ist es, die Betriebskosten, die mit den Jahren zunehmen in die Höhe gingen, grob aufzufangen. Es handelt sich hierbei also nicht um inhaltliche Überarbeitungen. Man hofft auf eine neue GOÄ. Falls sich eine neue GOÄ in naher Zukunft nicht realisieren lässt, wird eine erneute Forderung nach einer Gebührenanpassung zwingend sein, da die Betriebskosten in Verwaltung sowie im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich steigen.

Wie schätzen Sie den Anteil an Dokumentation, Abrechnung und die Korrespondenz mit den Unfallversicherungsträgern und BGen eines Durchgangarztes im Alltag ein?

Dr. Peter Kalbe: Es lohnt sich nur wenn man genügend Fälle hat Um diesen sehr aufwändigen Prozess zu vereinfachen, muss eine Verbesserung der Formulare und der elektronischen Kommunikation stattfinden. Aktuell läuft es nur in einer Richtung – vom Arzt zur BG. Die Möglichkeit eines sicheren Datenaustausches im Rahmen der Telematik Infrastruktur muss auf die Tagesordnung der DGUV.

Dr. Max von Seebach: In meinem Alltag als Durchgangarzt bringe ich einen immens hohen Anteil für bürokratische Verpflichtungen auf:

  • 1-2 Stunden pro Arbeitstag mit dem Erstellen der F-1000 Berichte und Verlaufsberichte. Zusätzlich müssen die Fragen der Sachbearbeiter beantwortet werden.
  • Eine Medizinisch-Fachangestellte benötigt ca. 1 Woche mit je 2-3 Stunden pro Arbeitstag zum Erstellen der monatlichen Rechnung für die BG. Diese müssen von mir überprüft und im nächsten Schritt versendet werden.

Trotz dieses Aufwandes muss ich sagen, dass ich dieses Konzept mit der transparenten Kostenerstattung im Bereich BG deutlich besser empfinde. Ähnlich geht es den Patienten. Auch sie sehen durchaus positive Effekte des BG-Systems. In erster Linie sind sie mit der schnellen und qualitativen Hilfe nach einem Unfall besonders zufrieden. Und nicht nur damit: Die Patienten erhalten auch nach dem Krankenhausaufenthalt in unserer Praxis ein hohes Maß an Professionalität. Außerdem macht mir die ganzheitliche und alleinige Betreuung besonders Spaß – von der einfachen Wundnaht, zum Reha-Management und der Begutachtung nach komplexen Polytrauma. Entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist die gegenseitige Wertschätzung und der respektvolle Tonfall mit den Sachbearbeitern der BG.

Im Großen und Ganzen blicke ich daher doch positiv auf die Arbeit als Durchgangsarzt.

[…]

Haben Sie gute Praxistipps zur Abrechnung mit den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern?

Dr. Nina Haase: Bei der Kommentierung des Handbuchs UV-GOÄ des Ärzteverlages haben wir uns besonderes Herzblut investiert, weil wir immer wieder feststellen müssen, dass die Berufsgenossenschaften Rechnungen unter Bezugnahme auf die Arbeitshinweise kürzen – das sollte nicht sein. Diese Hinweise dienen dazu, den Sachbearbeitern bei den Entscheidungsprozessen zu unterstützen. Das Handbuch UV-GOÄ dient als anerkanntes Medium, auf das sich alle berufen können und Fehleinschätzungen vermieden werden können.

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Vielen Dank!

Die Fragen stellte Sarah Hellenbroich, Deutscher Ärzteverlag

Produktinfo

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Handbuch UV-GOÄ

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Deutscher Ärzteverlag


3. Aufl. 2019, 744 S., € 69.99


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Juliane Beitz

Ist Teil des Redaktionsteams von frohberg und stellt im Blog interessante Neuerscheinungen und Kongress-Highlights sowie Klassiker für Medizin und Gesundheitsfachberufe vor.


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